Stadterhebung 1952 - 70 Jahre Stadt Bogen

Vorbereitungen

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges hatte sich das Leben im Markt Bogen allmählich wieder erholt. Es gab vermehrt Arbeit, Vereine wurden wiederbelebt, der Verkehr nahm zu, gemeinsame Veranstaltungen wurden wieder möglich. Insbesondere nach der Währungsreform konnten die Gemeinderäte unter Bürgermeister Alois Wutz verschiedene Bauvorhaben in Angriff nehmen. Die Bevölkerung - 1950 zählte der Markt 2508 Bürger - billigte den Bau einer Kanalisation, von Bürgersteigen und Straßenerneuerungen. Das großartig organisierte erste Volksfest nach dem Weltkrieg trug dazu bei, die vorhandenen Spannungen unter der Bevölkerung zurückzudrängen. Bis 1951 entstanden Wohnhäuser am Bahnhof, ein neuer Sportplatz mit einer Turnhalle, eine neue Schule und ein neues Rathaus. Gleichzeitig wurden auch die Dammbauten entlang der Donau vom südlichen Ortsausgang bis zum Bahndamm abgeschlossen. Zurecht verwies Anfang des Jahres 1952 Bürgermeister Wutz in seinem Rechenschaftsbericht auf die erfolgreiche Entwicklung des Marktes und schmückte das kleine Heft mit dem neuen Rathaus.

Die Erhebung zur Stadt
Bereits im Februar 1950 war Bürgermeister Wutz zusammen mit Landrat Xaver Hafner und dem damaligen Landtagsabgeordneten Alois Weinzierl im bayerischen Innenministerium vorstellig geworden und hatten mit einem Bilderalbum für die Erhebung des Marktes Bogen zu einer Stadt geworben. Die Genehmigung verzögerte sich aber, sodass Bürgermeister Wutz mit dem Landtagsabgeordneten Hans Puls und einem zweiten Fotoalbum erneut nach München fuhr, dieses Mal mit größerer Aussicht auf Erfolg. Dann jedoch waren am 30. März 1952 die Gemeinderatswahlen angesetzt, bei denen zugleich der Landrat, die Kreisräte und auch der Bürgermeister zu wählen waren. Im Markt Bogen entspann sich ein hitziger Wahlkampf zwischen den Parteien, insbesondere zwischen dem Amtsinhaber Schreinermeister Alois Wutz (CSU) und dem neuen Kandidaten Inspektor Xaver Neueder, der als Parteiloser von der Bayernpartei aufgestellt worden war. Mit fast 850 Stimmen gegenüber etwa 550 für Alois Wutz wurde Xaver Neueder zum neuen Bürgermeister gewählt. Er sollte am 1. Mai 1952 zusammen mit den 10 neuen Stadträten sein Amt antreten.

 

Eine Woche nach dem Wahlsonntag, am 7. April 1952 hatte Staatsminister Dr. Wilhelm Hoegner eine Entschließung des Bayerischen Innenministeriums unterzeichnet, wonach „dem Markt Bogen die Bezeichnung „Stadt“ verliehen“ wurde. Bürgermeister Wutz informierte daraufhin sofort am Karsamstag, dem 12. April, die Einwohnerschaft durch Plakatanschlag, durch ein Inserat und einen fundierten historischen Abriss der Geschichte Bogens von Max Lachner im Straubinger Tagblatt. Alois Wutz war ja der erfolgreiche Initiator der Stadterhebung, die nun sein Nachfolger festlich zu organisieren hatte. Der neue Bürgermeister Xaver Neueder und der „Stadtrat Bogen“ verteilten am 12. Mai einen „Aufruf an die Einwohnerschaft der Stadt Bogen“, die Häuser mit Blumen zu schmücken und die Gebäude zu beflaggen.

Als Termin für die Stadterhebungsfeiern wurde das Wochenende vom 7. und 8. Juni festgelegt, das war eine Woche nach der Holzkirchener Kerzenwallfahrt. Die Stadt Straubing übernahm die erbetene Patenschaft. Der Landkreis unterstützte das Vorhaben, indem er rechtzeitig einen sehr schönen farbigen Prospekt, entworfen von Friedrich Tschischke aus Straubing, mit Fotos von Fany Bauer und dem Text von Studienrat Max Lachner, in hoher Stückzahl herausbrachte. Stadtrat und Bürgermeister verschickten am 21. Mai die gedruckten Einladungen an zahlreiche Persönlichkeiten. Die meisten davon nahmen die Einladung für den 7. und 8. Juni an, einige sagten auch ab, wie z.B. Kronprinz Rupprecht von Bayern oder Max Schmeling. Fast alle Bogener Geschäftsleute hatten mit ihrer neuen Stadtplatzadresse inseriert und eine Plakette sollte Gäste und Gönner erfreuen.

Die Häuser der Stadt wurden im wahrsten Sinne „herausgeputzt“, an der Bogenbachbrücke grüßte „Die jüngste Stadt Bayerns“ auf einem Spruchband die Besucher der Stadt. Das Straubinger Tagblatt und die Straubinger Neue Presse veröffentlichten auf mehreren Seiten das Festprogramm, Willkommensgrüße des Landrats Xaver Hafner, des neu gewählten Bürgermeisters Xaver Neueder und der Stadt Straubing, Fahrpläne von Sonderzügen und Privatomnibuslinien sowie mehrere historische Beiträge von Dr. Hans Rohrmayr aus Straubing, Studienprofessor Max Lachner und Erich H. Münsch. Landrat Xaver Hafner gratulierte in zwei Amtsblättern der „jungen Stadt Bogen“ und versprach „die Hilfe des Landkreises, wenn umgekehrt auch die Stadt sich entsprechend einstellt“. Ein etwas verspätetes Geschenk lieferte auch noch das Straubinger Tagblatt, das sich entschlossen hatte, ab November 1952 die Ausgabe für den Landkreis Bogen künftig als „Bogener Zeitung“ erscheinen zu lassen.

Das Festprogramm                         

Samstag, 7. Juni
Ein eigener Festausschuss hatte das umfangreiche Programm ausgearbeitet. Die Fotografin Fany Bauer dokumentierte alle Programmpunkte in einem schönen Fotoalbum. Der „Fest- und Begrüßungsabend“ am Samstag im Saal des Hotels Post war zweigeteilt in einen offiziellen und einen unterhaltsamen Teil. Nach einem Prolog, den die junge Helga Lachner vortrug, kamen neben Bürgermeister Neueder, mehreren Bundes- und Landtagsabgeordneten und weiteren Ehrengästen vor allem Oberbürgermeister Höchtl aus Straubing zu Wort. Er überreichte nach einer launigen Ansprache als Patengeschenk ein großes Gemälde des heimatvertriebenen Malers Kuballa. Eine „Festhymne an Bogen“ mit dem Text von Max Friedl und komponiert von Karl Wimmer wurde von einem 4-stimmigen Chor, einem Streichorchester und Bläsern vorgetragen. Max Lachner gab einen geschichtlichen Rückblick und der Bürgermeister ehrte verdiente Persönlichkeiten der Stadt. Die Blaskapelle Ruhmannsfelden, ein Streichquartett, das u.a. Stücke von Haydn, Mozart und Richard Wagner spielte, und vereinigte Chöre aus Bogen begleiteten das Programm.

 

Sonntag, 8. Juni
Nach einem Feldgottesdienst vor dem Rathaus, zelebriert von Abt Dominik Prokop OSB Rohr, und einer Gefallenenehrung, zogen die Festgäste in den Sitzungssaal des neuen Rathauses. Vom Balkon aus hielt Innenminister Dr. Wilhelm Högner eine kurze Rede und im Sitzungssaal überreichte er Bürgermeister Neueder die sehr schlichte Stadterhebungs-Urkunde vom 7. April 1952 . Einem kurzen Festessen in der Gastwirtschaft Hafner folgte der große historische Festzug. Die Organisatoren, vor allem Studienprofessor Max Lachner, hatten für einen geschichtsträchtigen Festzug gesorgt, wie er seitdem nie mehr stattgefunden hat. Ein bedrucktes Blatt beschrieb die 32 Nummern, die von etwa 10000 Besuchern bewundert wurden. Besonders auffällig waren die Nummer 18, von der sogar ein Farbfoto existiert , Nr. 19 die Pfingstkerze und die Nr. 30, das „Buch der Ehrenbürger“, in dem damals im Programm noch u.a. Adolf Hitler aufgeführt wurde.

Einen weiteren Höhepunkt bildete das „Festspiel. Die Grafen von Bogen“ am Abend dieses Tages . Der Programmzettel nannte als Bearbeiter „Hans Fürst“, ein Pseudonym, hinter dem Pater Hermann Josef aus Windberg stand, und als Regisseure Max Lachner und Bernhard Oppel. Auf der Liste der Darsteller fanden sich lauter bekannte Bürger Bogens, u.a. der spätere Bürgermeister Josef Deschl oder Xaver Groß, der spätere Rektor der Volksschule. Das Freilichtspiel im Hof des Hotels „Zur Post“, aufwändig inszeniert mit prächtigen Kostümen, guten Lichteffekten und passender Musikbegleitung, fand große Anerkennung und Begeisterung, sodass es zweimal wiederholt werden musste . Die Theatergruppe in ihren Kostümen war auch dabei, als das Fest der Stadterhebung mit einem Fackelzug durch den illuminierten Stadtplatz endete.

 

Foto: Hans Neueder - Innenminister Högner überreicht Bürgermeister Xaver Neueder die Urkunde zur Stadterhebung
Autor: Hans Neueder, Veröffentlichung im Band 5 der Bogener Bildergeschichten (Bogen 2021, Seite 42 - 46)